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Fix-Alarm in Nizza: Filippo Volandri vs. Olivier Rochus

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Spielabsprachen (engl.: match fixing) im Tennis sind ein altbekanntes Thema, das der Sportsaal in naher Zukunft sicher auch noch einmal ausführlich behandeln wird. Vor allem bei kleinen Turnieren fernab von medialer Aufmerksamkeit und großen Geldtöpfen gibt es sehr häufig Quotenschwankungen, die ohne jede Logik vonstatten gehen. Beim ATP-Turnier in Nizza gibt es heute wieder so ein Spiel – mit einem alten Bekannten.

Filippo Volandri ist regelmäßig beteiligt an diesen fragwürdigen Spielen. In einem Dossier, das Buchmacher vor drei Jahren an die ATP übergaben, fiel sein Name bereits 11 Mal. Auch in jüngerer Vergangenheit ist er wieder durch eindeutige Spielabsprachen aufgefallen – eindeutig in dem Sinne, dass Menschen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wussten, dass er verlieren wird. Wie genau sie an diese Informationen gekommen sind und ob Volandri selbst daran beteiligt war, ist natürlich fast unmöglich beweisbar.

Ein negativer Höhepunkt in dieser Kategorie ist sicherlich das Duell zwischen Volandri und Teimuraz Gabashvili (der ebenfalls schon öfter durch fragwürdige Einsätze aufgefallen ist) am 25.10.2010 in St. Petersburg. Hier waren sogar beide Spieler offensichtlich in das vorgesehene Skript eingeweiht. Gabashvili verlor den ersten Satz gegen Volandri, seine Quote war aber dennoch niedriger als vor Spielbeginn. Er gewann das Duell anschließend relativ problemlos in drei Sätzen.

Filippo Volandri - Olivier Rochus

Das Spiel hat noch nicht begonnen. Trotzdem scheinen sich einige Sportwetter sehr sicher zu sein, dass Filippo Volandri dieses Spiel verlieren wird.

Live-Beobachtungen zu Volandri – Rochus

Das Spiel ist als drittes auf dem Court 1 angesetzt. Da wegen des schlechten Zustandes der Plätze heute erst ab 12 Uhr gespielt werden konnte, dürfte das Spiel am frühen Nachmittag über die Bühne gehen. Glücklicherweise gibt es Kameras, die alles genau dokumentieren werden (beispielsweise im Bet365 Player). Ob das aber weiterhelfen wird, ist fraglich. Ich erinnere mich an eine offensichtliche Spielabsprache zwischen Janko Tipsarevic und Oscar Hernandez, wo man als unwissender Zuschauer niemals etwas hätte erkennen können. Damals schrieb ich: Das Spiel endete 6:4, 6:4 für Oscar Hernandez. Es war eines der ersten Spiele mit diesem Quotenverlauf, die man über Stream im Internet verfolgen konnte. Ich habe das Spiel komplett gesehen und muss sagen: Man hat nichts erkannt. Nichts. Wahrscheinlich ist auch das ein Grund, warum anschließend nichts passiert ist. Man kann es einfach nicht erkennen. 

11.30 Uhr: Die fragwürdige Quotenschwankung in der heutigen Partie begann am frühen Dienstagmorgen. Von einem Quotenniveau um 1,80 für Filippo Volandri (Wahrscheinlichkeit: 55 Prozent) stieg seine Quote innerhalb weniger Minuten auf 2,50 (40 Prozent). Das hört sich erst einmal nicht viel an, ist für ein Spiel, das noch nicht einmal begonnen hat, aber ein großer Schritt. Derartige Quotenbewegungen gibt es innerhalb eines Tennisjahres nur sehr selten und wenn, dann zumeist bei geringerer Liquidität. In diesem Fall aber sind bereits über 200.000 Euro gesetzt worden. Volandri ist nun also Außenseiter in diesem Spiel, obwohl er der deutlich bessere Spieler auf Sandplätzen ist und hier klarer Favorit sein müsste. Eine Verletzung ist auch eher unwahrscheinlich, weil er bei einer ernsthaften Verletzung erst gar nicht antreten würde. Und weil Betfair alle Wetten bei Aufgabe von Volandri im ersten Satz stornieren würden.

12.45 Uhr: Die Quote hat sich in den letzten zwei Stunden bei 2,40 eingependelt und bleibt seitdem stabil. Auch bei den Buchmachern ist die Quote für Volandri logischerweise in die Höhe geschnellt, was vor allem auf Surebetter zurückzuführen ist, die die Differenzen zwischen Buchmacher und Wettbörse schnell ausgleichen. Diese sorgen auch dafür, dass der Einsatz bei Betfair weitaus schneller steigen wird, als dass üblicherweise der Fall ist. Ein hoher Einsatz spricht also nicht unbedingt auch für eine Spielabsprache. Genauso wenig, wie diese aktuelle Quotenschwankung schon zweifellos dafür spricht. Sie macht es nur deutlich wahrscheinlicher.

13.00 Uhr: In den Tennis- und Wettforen ist die Überraschung über die Quotenschwankung eher gering. “A massive drift in a Volandri match – has this ever happened before?”, fragt ein erfahrener Wetter bei Tennisinsight ironisch.

13.30 Uhr: Auf Court 1 beginnt nun das zweite Spiel des Tages zwischen Lukas Lacko und Bernard Tomic. Im Anschluss folgen dann Volandri und Rochus.

14.00 Uhr: Was natürlich auch immer sein kann: Marktmanipulatoren setzen hohe Summen untereinander und beeinflussen so das Marktgeschehen. Vor allem bei einem Spiel wie diesem könnte so etwas durchaus verlockend sein. Viele gehen nach einem großen Quotensprung dann von einem Fix aus, die Manipulatoren wissen aber, dass dem nicht so ist. Aber an diesem Punkt wird das ganze dann sehr (zu?) spekulativ.

Die Quote ist inzwischen konstant, große Summen können immer noch auf Olivier Rochus gesetzt werden (10.000 Euro werden aktuell bei einem Quotenniveau um 1,70 angeboten). Was genau mit diesem Spiel nicht stimmt wird man wohl erst sehen, wenn es läuft. Wenn überhaupt.

14.45 Uhr: Die Quote kommt jetzt deutlich zurück und liegt wieder bei 2,00 für Rochus.

Der Quotenverlauf lässt vermuten, dass das Spiel schon läuft, dass es Break und Rebreak gab. Passiert ist aber noch gar nichts, denn das Spiel hat noch nicht begonnen.

Das kann sowohl dafür sprechen, dass es sich hier nur um einen einmaligen Marktmanipulator handelt, aber auch dafür, dass der erste Satz an Volandri geht und man erst einmal niedrigere Quoten für den Italiener erwartet (dazu müssten aber beide Spiele involviert sein). Solche Rückbewegungen sind aber schon des öfteren aufgetreten. Entscheidend werden die ersten Minuten nach Spielbeginn. Eins ist aber klar: Normal sind diese volatilen Quoten nicht.

15.00 Uhr: Bernard Tomic hat im Eiltempo gegen Lukas Lacko gewonnen. Gegen 15.15 Uhr wird das Spiel zwischen Volandri und Rochus also beginnen.

15.05 Uhr: Kurz vor Spielbeginn sind die Quoten wieder da, wo sie gestern waren. War irgendwas? Es würde mich trotzdem sehr überraschen, wenn es hier nicht noch weitere Quotenüberraschungen während des Spiels geben würde. Die Frage ist nur in welche Richtung? Inzwischen sind 365.000 Euro gesetzt. Im Vergleich zu Fognini vs. Darcis (260.000 Euro) gar nicht so viel mehr, im Vergleich zu Haase vs. Ferrero, das am Abend stattfindet (16.000 Euro) hingegen schon.

15.07 Uhr: Die beiden Akteure sind da. Einspielen ist angesagt.

15.10 Uhr: Nach der neuerlichen Quotenbewegung in die entgegengesetzte Richtung sind auch die Buchmacher verwirrt. Bwin hat das Spiel noch gelistet, aber momentan sind alle Wetten geschlossen. Bei Bet365 ist das Spiel aktuell nicht im Live-Angebot, obwohl alle Spiele dieses Platzes zuvor drin waren. Eine No-Risk-Entscheidung wahrscheinlich, auch wenn das hier, auf einem Nebenplatz bei einem kleinen ATP-Turnier, sowieso kaum jemand mitbekommen wird.

15.16 Uhr: Es geht los. Rochus serviert.

15.20 Uhr: Volandri gelingt das schnelle Break nach einigen längeren Grundlinienduellen. Quotenentwicklung auf Basis des Startpreises nun völlig normal.

15.23 Uhr: Volandri hält zu 0. Sieht souverän aus, was der Italiener bislang spielt. Bei Tennisinsight heißt es: “Market is full of cash swishing around. Not sure if this is manipulation, now followed by lots of punters trying to “trade” their way out, or we’re in for some fun and games.” Ich bin etwas ratlos grade, außer den beiden großen Quotenbewegungen vor Spielbeginn sieht hier (im Moment!) alles nach einem normalen und regulären Tennisspiel aus.

15.25 Uhr: Rochus hält zu 0, die Quote reagiert entsprechend. Aber korrekt. 2:1 die Führung für Volandri. Ich kommentiere hier jetzt aber nicht jedes Aufschlagspiel, melde mich erst wieder, wenn’s Auffälligkeiten gibt nun.

15.27 Uhr: Bwin und Bet365 haben das Spiel jetzt auch regulär im Angebot, als wäre nichts gewesen.

15.41 Uhr: Rochus gelingt das Rebreak zum 3:3, Quotenverlauf aber aktuell relativ normal, Volandri sogar leicht unter der Startquote nun.

15.56 Uhr: Rochus gewinnt den ersten Satz mit 6:4. Quote: normal.

16.52 Uhr: Volandri serviert jetzt zum Gewinn des zweiten Satzes. Beim Stand von 5:5 konnte er seinen neunten Breakball nutzen. Die Quoten sind immer noch relativ normal, sogar einen Tick Volandri-freundlicher als noch zu Beginn des Spiels. Das liegt wohl daran, dass er eigentlich der bessere Mann war im zweiten Satz, aber seine Chancen nicht nutzen konnte.

16.54 Uhr: Volandri lässt sich zu 0 rebreaken. Gut, dass die Quoten so normal sind, sonst könnte man glatt falsche Schlüsse ziehen. 6:6. Tie-Break.

16.58 Uhr: Volandri entscheidet den Tie-Break des zweiten Satzes für sich, es geht in den Entscheidungssatz. Die Quoten bleiben weiterhin normal und es sieht nicht danach aus, als würde sich daran noch etwas ändern. Ich beende die Live-Beobachtungen an dieser Stelle und ergänze gleich noch eine Fazit.

Fazit:

Fix oder kein Fix? Diese Frage kann man niemals genau beantworten. Die Großzahl der Spielabsprachen wird wohl sowieso im verborgenen bleiben, denn nur die Dummen lassen sich bekanntlich erwischen. Es gab in der Vergangenheit eine Vielzahl von Spielabsprachen, die der Sportsaal irgendwann auch noch mal genauer analysieren wird. Heute war es wohl  eher ein Sportwetter, der sich ziemlich sicher war und der sich nicht um die Quote schwerte. Oder ein Marktmanipulator, von dem während des gesamten Spiels aber nichts mehr zu sehen war. Nach Ende des zweiten Satzes sind jetzt 960.000 Euro gesetzt, ein normaler Wert. Es gab während des gesamten Spiels keine Auffälligkeiten mehr bei den Quoten, alles verlief normal.

Die Frage, die ich mir nun stelle: War dieser Artikel ein Schnellschuss? Ich denke nein, denn es waren in der Vergangenheit oft diese unbegründeten Quotenschwankungen, die für ein Fix sprachen und oft ärgerte ich mich, dass ich das nicht parallel dokumentiert habe. Zudem war mit Volandri ein alter Bekannter involviert. Was vielleicht etwas übertrieben ist: die Überschrift. Darauf werde ich in Zukunft etwas genauer achten. Das Grundproblem wird immer gleich bleiben: nachweisen lassen sich Spielabsprachen fast nie, denn es gibt selten Dokumente, die irgendeine Absprache überhaupt beweisen können. Was oft als klares Indiz aber dafür spricht, sind vollkommen unlogische Wettquoten. Diese sind heute während des Spiels ausgeblieben.

Heute kann die Antwort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit also lauten: Es war kein Fix. Auch bei der nächsten Gelegenheit werde ich diese Dokumentation aber wieder vornehmen, wenn die Zeit dafür da ist.


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